Basisinformationen zur Hengsthaltung

In der Wildbahn lebt ein Hengst mit einer oder mehreren Stuten zusammen. Der Leithengst bewacht die Herde, treibt sie von hinten an und stellt sich Gefahren, um die Stuten und seine Fohlen zu schützen.

In der heutigen Hengsthaltung werden Deckhengste häufig in „Einzelhaft“ gehalten. Sie werden von Stuten und Wallachen separiert, haben kaum Weidegang und kennen Stuten höchstens vom „Natursprung“, also dem realen Deckakt.

Viele Privatleute trauen sich heute wieder, einen Hengst zu halten. Vor allem Privatzüchter, die aus ihrer Stute ein Hengstfohlen gezogen haben, entscheiden sich immer häufiger für das „Projekt Hengst“. Leider treffen sie dabei immer wieder auf Vorurteile, so dass die Haltung im Offenstall oder in der Herde sich schwierig gestaltet.

In freier Wildbahn zeigen Pferde ihr natürliches Verhalten. Es gibt Herden, in denen der Althengst seine männlichen Nachkommen in der Herde behält. Diese dürfen ab einem gewissen Alter sogar ausgesuchte Stuten decken: Ein Hengst deckt pro Saison maximal 20-25 Stuten. Wenn in der Herde mehr Stuten leben, dürfen die Junghengste auch decken.

In anderen Herdenstrukturen sondern sich Junghengste von der Herde ab und bilden eine „Junggesellenherde“. Hier wird gespielt und der Kampf geübt, bis einer der Junghengste versucht, aus fremden Herden Stuten abzuwerben. Der Althengst versucht dies zu verhindern, indem er die Jungspunde verjagt. Mit Bissen und gezieltem Steigen treten die Hengste gegeneinander an, bis der Unterlegene den Rückzug antritt. Diese Kämpfe können im ärgsten Fall mit so schlimmen Verletzungen enden, aber im seltensten Fall mit Todesfolge für einen der Hengste.

Ein Hengst kann auch in Menschenhand sozialisiert leben. Es liegt zum einen an seiner Erziehung, zum anderen an seinem Charakter, ob er in einer Herde am Stall entspannt sein Leben führen kann. Bei sehr jungen Hengsten ist es möglich, sie mit älteren Stuten auf der Weide oder im Offenstall zu halten. Sollte er es wagen, die Stuten zu bedrängen oder bespringen zu wollen, werden selbstbewusste, hochrangige Stuten den Jungspund zurechtweisen. Dies kann jedoch für die Stuten sehr stressig sein, je nachdem wie häufig der Hengst sein späteres Leben üben möchte ;). Je nach Alter muss der Hengst irgendwann von den Stuten getrennt werden, da es sonst in der Rosse zum Natursprung kommt.

In der Wallachherde passen sich viele Junghengste an. Sie konkurrieren nicht mit den Wallachen sondern kopieren deren Verhaltensweisen. Im bestmöglichen Fall fällt ein Hengst in der Wallachherde nicht auf.

Selbst die Sozialisierung von älteren Hengsten, die die Einzelhaft gewohnt waren, ist je nach Charakter möglich. Nicht zu vergessen: Ein Hengst in der Stutenherde wird rossige Stuten decken, egal wie alt er ist. In der Wallachherde geschieht das logischerweise nicht.

In einer Schweizer Studie wurden Hengste in einer Gruppe zusammen geführt. Nach anfänglichem Gerangel und Gequietsche hat es nur 30 min. gedauert, bis sich die Tiere alle kennen gelernt hatten und ruhig zusammen standen. Nach nur 2 Stunden war absolute Ruhe eingekehrt. Hier seht ihr die Ergebnisse: https://www.facebook.com/photo.php?v=569193863124077&set=vb.206365612747004&type=2&theater, http://www.thehorse.com/articles/31929/study-pasturing-stallions-together-is-possible

Beim Eingliedern in die Herde verfährt man am besten wie bei der Eingewöhnung eines Fremdpferdes in eine neue Herde: Erst wird der Hengst neben die Herde gestellt (ein fester Zaun ist hier von Nöten, da Hengste meist sehr selbstbewusst sind). Mit Sichtkontakt, dann über Beschnuppern und letztendlich einzelnes Kennen lernen kann ein Hengst in vorsichtigen Schritten an die Herde gewöhnt werden. Wichtig ist vor allem die ständige Beobachtung, damit – falls ein Jagen oder eine Prügelei entsteht – niedrigrangige Pferde aus der Herde sicher herausgeholt werden können. Auch muss immer auf den Charakter der einzelnen Tiere Rücksicht genommen werden: nicht jeder Hengst lässt sich integrieren, und auch nicht jeder Junghengst lässt sich von Stuten erziehen. Es ist immer vom Einzelfall auszugehen.

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