Handgriffe für`s Wohlbefinden: Pferdemassage

Bild: procavallo Fotografin:

Pferde-Massage ohne Ausbildung?

Ich sag es gleich vorweg: ich bin keine gelernte Osteopathin und auch keine Physiotherapeutin, weder für Menschen noch für Tiere. Daher wird dies auch kein Schmerztherapie-Post oder ein medizinischer Ratgeber, sondern ist eine Anleitung zum „Kraulen und Wohlfühlen“!

Als Suri zu mir kam war sie unbeweglich wie ein Stock. Wir vermuten, dass sie auf der Weide gestürzt ist und nicht behandelt wurde. Dadurch hat sie eine Schonhaltung angenommen, die sie versteifen ließ. Meine Pferde-Osteopathin Melanie Kujadt (eine ganz Tolle, Praxis in Köln und Düsseldorf) meinte, ein so unbewegliches Pferd hätte sie noch nicht gesehen. Also habe ich eine Hausaufgabe bekommen: Pferdemassage!

Selbst massieren

Wenn du dein Pferd auch massieren möchtest, solltest du dir vorher Rat bei einem/r Osteopathen/in oder Physiotherapeuten/in deiner Wahl holen. Massage ist eine Heilform. Wie bei jedem Heilmittel muss auch die Massage speziell auf dein Pferd abgestimmt sein. Was für mein Pferd perfekt ist könnte bei deinem Pferd kontraproduktiv sein! Außerdem gibt es Indikationen, wann welche Massage gut ist, und genauso viele Kontraindikationen, wann man einen bestimmten Griff nicht machen soll. Nicht massiert werden sollte, wenn dein Pferd folgende Probleme hat:

Quelle: Hippovital

Quelle: Hippovital

Schultermassage – für Freunde gratis

Erst war ich sehr zögerlich. Was, wenn ich etwas kaputt oder schlimmer mache? Aber: Zu Hause mach ich es ja auch. Ich massiere meinen Partner, wenn er Muskelkater hat und auch meine Freunde bekommen bei Verspannungen gern mal spontan eine Schultermassage von mir. Warum nicht auch mein Pferd? Nach Melanies Anleitung habe ich also losgelegt.

Vom Kopf zum Schweif

Beim Menschen massiere ich sanft die Schultermuskulatur und knete dann langsam die verspannten Muskeln vom Hals zu den Schultern durch. Mir wurde von einer Freundin (die Human-Physiotherapeutin ist) erklärt, dass man immer vom Kopf weg massieren soll, weil sonst der Schmerz in den Kopf zieht. Klingt logisch. Also auch beim Pferd: vom Kopf zum Schweif.

Das Pferd kann ohne Hilfsmittel massiert werden. Wer ein besonderes Gimmick möchte, kann sich Massageöl für Pferde besorgen. Ich habe eins getestet, den Link findest du hier.

Halsbereich

Melanie zeigte mir verschiedene Griffe für die verschiedenen Körperteile. Zu Beginn haben wir kurz hinter Suris Genick begonnen. Oben am Mähnenkamm verläuft das Nackenband. Ich beginne mit  kreisenden Bewegungen des Daumens (dabei wirklich die ganze Bewegungsmöglichkeit des Daumens nutzen! Der Pferdehals ist groß…), und arbeite mich so den gesamten Mähnenkamm entlang bis zum Widerrist. Die Druckstärke mache ich von Suris Reaktionen abhängig. Wenn sie sich wehrt, habe ich zu fest gearbeitet. Wenn sie rumzappelt, bin ich eventuell zu sanft vorgegangen und sie entspannt sich nicht. Wenn ich die richtige Stärke finde, lässt sie ihren Kopf fallen und schnaubt entspannt. Direkt hinter dem Genick findet sie es allerdings immer unangenehm, weil sie da sehr verspannt ist. Daher komme ich ab und zu immer zum Genick zurück, um hier öfter leicht zu lockern.

Bild: procavallo Fotografin: Janina Albig

Bild: procavallo Fotografin: Janina Albig

Rücken

Am Rücken angelangt nutze ich meinen Handballen. Der lange Rückenmuskel verläuft neben der Wirbelsäule. Auch hier arbeite ich von vorne nach hinten mit halb-kreisenden Bewegungen. Dabei streiche ich meinen Handballen von vorn eine Handbreit nach hinten und lasse den Druck dann nach unten rauslaufen. Wenn ich Farbe an der Hand hätte würden „halbe Herzen“ entstehen, mit der Öffnung nach unten. Das Streichen nach unten enthält für mich das Bild, die Verspannung aus dem Pferd zu wischen. So fallen die Schmerzen auf den Boden ;). Auch hier gilt: nicht zu fest, nicht  zu locker. Wenn Suri den Kopf entspannt hängen lässt und abschnaubt, bin ich auf dem richtigen Weg.

Kruppe

Auf der Kruppe angekommen streiche ich mit dem Handrücken in langen Strichen die Kruppe nach hinten ab. Ich stehe dabei hinter dem Pferd. Suri kommentiert das damit, dass sie sich gegen meine Hand lehnt. Meine Interpretation: sie möchte mehr Druck. Mach ich gerne, sie schnaubt wieder. Zum Abschluss klopfe ich mit beiden Händen (zu Fäusten geballt) leicht die Kruppe ab, um die Muskeln zu lockern. Kennt ihr das, wenn man als Kind wie Tarzan auf seinen Brust geklopft und dabei mit offenem Mund einen Ton erzeugt hat? So ähnlich ist das Klopfen auf der Kruppe. Nicht fest, aber mit Hall ;).

Innere Oberschenkel

Die Muskulatur innen an Suris Oberschenkeln ist hart wie Stein. Melanie zeigt mir, wie ich neben den Beinen stehend mit der Hand von hinten unter dem Schweif an den Muskel greife und mit leichtem Druck nach hinten ziehe. Das findet mein Mädchen wirklich doof und stampft mit dem Bein. Diese Übung ist nicht ungefährlich, weil ein Pferd auch mit Tritten reagieren kann. Ich werde also sanfter und streiche langsam die Muskulatur nach hinten. Suri beruhigt sich, ihre Ohren zeigen in meine Richtung und ich sehe, dass ihr Maul leicht verkrampft ist. Sie hat hier wirklich Schmerzen, ich muss ganz sanft arbeiten. Die erste Massage dauert nur wenige Minuten. Mit den Tagen wird es besser, und nach wenigen Wochen darf ich hier länger massieren. Ich kenne das: wenn meine Schultern verkrampft sind möchte ich auch nicht, dass da stundenlang geknetet wird. Aber nach und nach wird es besser, und es tut gut!

Beide Seiten

Wenn ich mit dem Oberschenkel fertig bin fange ich nun mit der anderen Seite am Hals an. So beginnt die Massage spiegelverkehrt von vorn.

Abschluss: der Schweif

Zum Abschluss der Massage dehne ich Suris gesamten Körper mit Hilfe ihres Schweifs. Wenn ihr den Schweif massiert seit bitte vorsichtig: die Handgriffe können bei falscher Anwendung schwere Auswirkungen haben kann. Daher fragt hierzu auf jeden Fall eure/n Physiotherapeutin/en vor Ort. Suri liebt diese Übung, lehnt sich in den Druck hinein und streckt sich über ihre ganze Länge nach vorn. Wenn sie genug hat macht sie entweder einen Schritt nach vorn oder lehnt sich zurück,  damit der Druck nachlässt. Dann gebe ich langsam nach und entlasse sie aus der Massage.

Eine tolle Beschreibung der Schweifmassage und den anatomischen Hintergründen findet ihr bei Hippovital: Was der Schweif verrät.

Pferdemassagen kann man lernen

Es ist wichtig, nicht einfach drauf los zu kneten. Jedes Pferd reagiert anders, wenn es massiert wird. Das Reitpony einer Freundin stöhnte laut bei der Rückenmassage, weil es ihm so gut tat. Andere Pferde wehren sich, weil sie den Druck nicht mögen. Wieder andere sind kitzelig… Beobachtet ganz genau die Reaktion eurer Pferde, wenn ihr manuell an ihren Körper geht. Oder fragt eure Physiotherapeutin, sie hilft euch sicher gern.

Wenn ihr die Pferdemassage richtig lernen wollt kann ich euch Kurse und Seminare von Procavallo sehr ans Herz legen! Im Raum Frankfurt bietet Procavallo Kurse zu den Themen „Pferdemassage und Physiotherapie“ oder „Faszientechniken Hund und Pferd“ an (hier geht’s zu den Terminen). Oder ihr organisiert einen eigenen Massagekurs bei euch am Hof! Ab 8 Teilnehmern kommt das Procavallo-Team zu euch. Hier gibt`s auch ein tolles Video zu dem Thema: Einblicke in die Pferde-Physiotherapie.

Viel Spaß beim Massieren!

 

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3 Kommentare zu Handgriffe für`s Wohlbefinden: Pferdemassage

  1. Hi Akki,
    magst du dazu vielleicht ein Video drehen? Ich finde deine Beschreibung schon super (vor allem die halben Herzen), aber mit Video fänd ich’s noch besser.
    VG! Nadja

  2. Gestern habe ich bei meiner Stute eine Verspannung am Hals entdeckt. Sie war die ganze Zeit schon so lustlos gewesen, und wirkte angespannt – das liegt bei ihr oft auch am Wetter, wenn sie ein bisschen im Wind stand und sich verhalten hat. Ich hab seit längerer Zeit also mal wieder massiert – ganz in Ruhe so wie du es beschreibst, und am Ende alle Beine „ausgestrichen“ bis in die Zehen. Sie war ganz entspannt und hat tief geatmet – und die kleine Verspannung war tatsächlich anschließend kaum noch zu erfühlen! Heute war sie weg. Danke für den schönen Artikel, der mir diese sinnvolle Art der Pflege wieder vor Augen geführt hat! 🙂

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