Die Angst vor dem eigenen Pferd

Als junger Mensch machen wir uns wenig Gedanken über die möglichen Folgen unseres Handelns. Als Jugendliche habe ich mit meinem Pferd viel Blödsinn gemacht, z.B. die Überquerung von unsicheren Hindernissen oder den Pferdetausch ohne abzusteigen. Als Erwachsener kommt da schnell der Gedanke „was kann nicht alles passieren“? Was wenn mein Pferd scheut, wenn der Sattel nicht richtig hält, wenn ich falle? Und dann geht das Kopfkino los: die möglichen Verletzungen, der Ausfall bei der Arbeit, und und und.

Häufig wünsche ich mir nochmal Jugendlicher zu sein. Beim Reiten einfach aufzusteigen und zu machen, ohne über die möglichen Gefahren nachzudenken. Aber das geht nicht. Ich gehöre trotzdem zu den mutigen Reitern, anderen geht es ganz anders. Sie haben Angst vor dem Pferd. Was tun gegen die Angst, vor allem wenn es die Angst vor dem eigenen geliebten Pferd ist?

Zuerst sollten wir uns die Angst eingestehen. Es ist nicht schlimm, vor einem so großen und manchmal schlecht kontrollierbaren Tier ein wenig Furcht zu verspüren. Angst soll uns warnen, soll uns zeigen dass etwas für uns schädlich sein kann. Das ist gut, denn sonst gäbe es uns wahrscheinlich schon nicht mehr auf der Erde. Erst wenn die Angst zu mächtig wird müssen wir etwas dagegen tun.

Wir müssen die Quelle unserer Angst genau lokalisieren: ist es wirklich das Pferd, oder ist es eher eine Reaktion des Tieres in einer bestimmten Situation? Verknüpfe ich eine Erfahrung mit meinem Pferd, so dass ich jetzt Angst habe dass sich diese wiederholt? Ein Beispiel: ein Pferd mit sehr viel Temperament hat in einer unglücklichen Situation seine Besitzerin beim Steigen verletzt. Die Besitzerin hat nun Angst, dass ihr Pferd sie wieder ansteigen und verletzen könnte. Sie hat also keine Angst vor ihrem Pferd an sich, sondern vor der Wiederholung des Ereignisses.
Lesetipp: Kultreiter hat über den Teufelskreis der Angst geschrieben!

Wenn ich den Auslöser meiner Angst kenne kann ich dagegen ansteuern. Was löst die Situation aus, in der mein Pferd mir Angst macht? Diese kann ich entweder vermeiden oder aber trainieren. Die Vermeidungstaktik ist nicht immer zielführend, da ich nicht alles kontrollieren kann. Im Training kann ich aber mein Verhalten ändern, um mir selbst die Chance zu geben die Situation zu meistern. Häufig ist der Kontrollverlust über das Pferd die größte Angst. Wenn ich nun die Kontrolle verliere, was kann ich tun?

Am besten hole ich mir nun einen qualifizierten Trainer an meine Seite. Ich benötige jemanden der nicht nur das Training mit dem Pferd beherrscht, sondern auch mich und meine Angst versteht. Das Ganze ist eine prekäre Angelegenheit, denn mein Pferd spürt meine Nervosität. Mit einer Vertrauensperson an meiner Seite kann ich meiner Furcht ruhiger in die Augen blicken, da ich nicht allein bin. Nun kann die angstauslösende Situation trainiert werden. Fürchte ich z.B. das durchgehende Pferd, trainiere ich als erstes mögliche Stopps. Erst am Boden, dann im Sattel. Auch Sitzschule sollte mit eingebaut werden, weil ich mich so auf meinen Körper konzentrieren kann und fühle, welche Bewegungen des Pferdes ich alle auffangen kann. Bei der Sitzschule können plötzliche Wendungen und Bewegungen des Pferdes vom Boden aus kontrolliert gesteuert werden. Der Reiter erhält damit viel Selbstsicherheit, weil er in einer gesicherten Umgebung seiner Unsicherheit begegnen kann. So kann der Reiter sich an die trainierte Situation erinnern und die geübten Maßnahmen einleiten, wenn das Pferd ihn in eine Angstsituation führt. Das Wiedererkennen und die Möglichkeit zu reagieren verringern die Angst und steigern die Selbstsicherheit.

Natürlich kann ich dieses Training nicht in einer Stunde abhandeln. Es ist ein langwieriger Prozess. Doch der Erfolg spricht für sich: wenn ich meinem Pferd wieder furchtlos begegnen und vorher angstauslösende Situationen jetzt selbstständig lösen kann wird mein Hobby schnell wieder zu einer erholsamen Freizeitbeschäftigung.

Noch mehr Stoff zum Thema? Christina von herzenspferd hat sich mit dem Thema Angst vor dem Reiten auseinandergesetzt. Und die Pferdefreunde haben ein tolles Interview mit Babette Teschen und Tania Konnerth von Wege zum Pferd geführt, in dem es über die Angst beim Reiten geht.

 

 

 

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7 Kommentare zu Die Angst vor dem eigenen Pferd

  1. Hallo,
    ich kenne diese Angst nur zu gut. Und ja – auch ich habe es mir eine ganze Weile nicht eingestanden. Nach 2 jahren hatte ich es dann, nach Umstellung (von Englisch auf Western) wieder geschafft, entspannt zu reiten. Auch dieses Pferd mit dem der Unfall passiert ist. In einer Ausrittsituation kam es wieder zu einem Rückfall meinerseits (Zügel gerissen im Galopp) und danach habe ich es nicht mehr geschafft.
    Mir wurde bewußt das ich dieses Pferd immer wieder in Frage stelle obwohl es mein Kopf war, der spinnt. Das war nicht fair dem Tier gegenüber. Ich habe dann die perfekte neue Heimat für das Pferd gefunden, wo es noch heute ist und ich auch weiterhin Kontakt hin habe.
    Inzwischen habe ich ein anderes, kleineres Pferd, das nach einem fehlgeschlagenen Beritt die gleiche Reaktion zeigte wie der Große vorher.
    Kopf hoch und losrennen, wenn es Stress empfindet.
    Nun habe ich ein halbes Jahr intensiv an mir gearbeitet und letztendlich schaffe ich es wieder entspannt zu reiten und mit weder von Kopf Hochreissen noch Tempo beeindrucken.
    geholfen hat mir kleiner MP3 Player mit Lautsprecher den ich am Horn befestigt habe….Pferd und ich sind damit wirklich um Meilen besser geworden in den letzten Wochen.
    Ich kann nur sagen, dran bleiben aber realistisch bleiben dabei.
    Und ich finde es toll, das nun endlich mal dieses Thema laut ausgesprochen wird.

  2. Hi Akki, die Angst kenne ich auch. Plötzlich fühlt man sich unwohl in einer Situation. Weil die Tiere – so schön sie sind – eben auch so groß und schwer sind und man weiß, dass sie einen verletzen können. Es tut gut Artikel wie Deinen zu lesen, die zeigen, dass es immer wieder Menschen gibt, die das Thema umtreibt. Das fiese iast ja – wie Du schreibst – dass die Pferde das natürlich spüren. Was die SItuation nicht immer entschärft *seufz* Aber mit einem guten Trainer an der Seite, dem Vergegenwärtigen, dass es doch eigentlich Spaß machen sollte und man auch keline Schritte gehen kann, wenn die großen gerade Angst machen, kommt man immer irgendwie weiter 🙂 Alles Liebe, Petra

    • Hi Petra,
      da hast du so recht! Es ist auch völlig normal, dass wir in bestimmten Situationen Angst verspüren. Es kommt eben darauf an, wie man ihr begegnet! Ich habe einen Wallach im Training, der gerne steigt und dabei auf einen zukommt. Da rutscht mir ein ums andere Mal das Herz in die Hose. Aus diesem Grund trainiere ich jetzt anders mit ihm: ich stelle mit erhöht an den Zaun. Wenn er steigt, bin ich trotzdem größer, so dass er nicht viel anrichten kann. Ich bin zwar weniger mobil (nach links und rechts), aber zur Not stehe ich hinter dem Zaun… Und schon hat das mulmige Gefühl keine Chance mehr. Es hilft! Egal was wir tun, wenn wir uns sicher fühlen kann nicht so viel passieren.
      Dafür steht auch mein Artikel. Es ist nicht schlimm, Angst zu haben. Es ist nur schlimm, darin einzufrieren.
      Liebe Grüße, akki

  3. Ich habe diese Angst Gott sei Dank überwunden Dank mehrerer guter Trainer an meiner Seite ! Eine davon war auch Akki ! Danke dafür ! Liebe Grüße von Chick und mir !

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