Wenn zwei Wesen sich annähern – Wunderbare Fortschritte

Nach meiner anfänglichen Verzweiflung und dem Gefühl, dass alles viel schlimmer ist als ich vermutet hatte, entwickelt sich Suri jetzt täglich zu einem wunderbaren Partner. Es ist so viel passiert, dass ich die einzelnen Entwicklungen vorstellen möchte.

Hufe geben

Am Dienstag war die Hufpflegerin da. Suri hat ohne zu zögern die Vorderhufe gegeben, hat sie in Ruhe behandeln lassen und war einfach nur brav. Ich habe sie die ganze Zeit über verwöhnt, gekrault und auch Apfelstückchen gefüttert. Bei den Hinterhufen wurde es etwas schwieriger, vor allem hinten rechts bereitet ihr Probleme. Wenn sie den Huf gibt kickt sie leicht nach außen aus, um ihn dann wieder abzustellen. Ich habe mich gestern so erschrocken, dass ich zur Seite gesprungen bin und laut „Nein“ geschrien habe. Daraufhin hat sie sich erschrocken und ist zur Seite gewichen. Wir haben uns angestarrt, dann musste ich lachen weil wir beide so erstaunt über die Reaktion des anderen waren! Unsere Anspannung war gebrochen, ich also wieder an den Huf und sie hat ihn brav und vorsichtig angehoben. Ich habe ihn nur kurz genommen, wieder abgestellt und ausgiebig gelobt. Wir haben beide etwas voneinander gelernt: die Reaktion kann heftig sein, aber auch sofort wieder vergehen. Ein Moment, der uns wieder einen Schritt aufeinaner zugeführt hat.

Sattel

Vorgestern hatte ich das erste Mal einen Sattel dabei. Suri war nicht begeistert. Der Sattel hat ihr augenscheinlich Angst gemacht, ich durfte mich ihr damit nicht nähern. Hier einmal die Begegnung:

„Mit großen Augen schaut sie auf das Teil in ihrer Hand. Es ist schwarz, und es macht ihr Angst. Sie erinnert sich an den Druck an ihrem Bauch, an das Klopfen der Beine in ihre Seite. Sie bläht die Nüstern und weicht zurück. Aber das schwarze Teil kommt nicht näher, es bleibt einfach in den Händen und bewegt sich mit dem Menschen. Neugierde überkommt sie. Sie traut sich näher heran, das Adrenalin schießt durch ihre Adern. Alle Muskeln sind angespannt, zur Flucht bereit. Sie ist nicht bereit, wieder Schmerzen zu ertragen. Aber seit Monaten sind diese Schmerzen gelindert worden. Die Verspannungen haben sich gelöst, auch ihre Hufe heilen. Dieser Mensch scheint etwas anderes zu wollen. Vorsichtig stupst sie den Sattel an. Der Mensch bewegt ihn auf sie zu, sie weicht, der Sattel bleibt zurück. Verwirrt stellt sie die Ohren auf. Nochmal stupst sie den Sattel an, die Ohren vorn, die Anspannung weicht. Sie bekommt einen Apfel und Streicheleinheiten. Der Mensch trägt das schwarze Ungetüm noch ein wenig mit sich herum, berührt sie damit. Aber sie harrt aus, versucht zu verstehen. Und dann ist der Sattel wieder weg. Sie bekommt noch ein Stückchen Apfel und wird gekrault. Die Geschehnisse bleiben in ihrem Kopf: es geht auch anders. Und jeden Tag werden wir ein bisschen vertrauter. Der Weg ist das Ziel.“

Am Folgetag habe ich den Sattel wieder hervorgeholt. Sie schaute kurz, der Kopf ging runter und ich konnte den Sattel ohne Probleme auflegen. Sie hat ihn ein paar Schritte getragen, ohne Sattelgurt oder ähnliches. Dann habe ich ihn wieder weggepackt. Ein unglaublicher Schritt von einem Tag zum anderen!

Training

Suri ist immer sehr beunruhigt, wenn die kleine Herde nicht zusammen ist. Sobald eine der drei Stuten von den anderen getrennt wird läuft sie auf und ab und sucht die fehlende Freundin. Sie wird immer zuerst auf die Wiese geführt und geht auch gern mit. Wenn man sie freilässt bleibt sie am Tor stehen und wartet scharrend auf die anderen, manchmal läuft sie auch auf und ab. Ihre Unruhe ist erst gelindert, wenn sie mit den anderen beiden zusammen ist.

Wenn ich mit ihr trainiere und wir uns von den anderen wegbewegen ist sie anfangs immer sehr angespannt. Sie geht gern mit, weil sie die Abwechlung schätzt, aber die Trennung fällt ihr noch schwer. Gestern sind wir auf den Außenplatz gegangen, etwa 20m vom Paddock entfernt und nicht in Sichtweite. Suri geht ungern auf den Platz, weil sie durch ein enges Tor muss. Auch verbindet sie noch nichts Angenehmes mit diesem Ort. Doch auch hier machen wir Fortschritte! Auf dem Platz liegen jetzt 2 Stangen auf dem Boden. Suri hat sie angesehen und begeistert ins Training eingebaut. Sie ist durch die Stangengasse gegangen, hat sie vorwärts überquert und ist sogar rückwärts mit den Hinterhufen drüber gegangen. Auch das Longieren wird besser, sie schafft es jetzt eine enge Runde am Seil um mich herumzulaufen. Das war am Anfang undenkbar, weil sie nur neben oder hinter mir gegangen ist. Da sie die Stangen so mag werde ich das nächste Mal Pylonen aufstellen – vielleicht motivieren die ja auch?

Die Freiarbeit ist bisher die schönste Trainingseinheit mit Suri. Sie kann bereits Schritt- und Trabwechsel mit wenig Energie, lediglich auf meine Atmung verändert sie ihr Tempo. Auch der Richtungswechsel klappt schon gut. Und der Einladung zur Pause folgt sie jedes Mal ohne zu zögern. Hiervon gibt es auch ein Video, das ich kurzfristig mit euch teilen möchte.

Gesundheit

Seit wir die Schmerzmittel gegeben haben und die Massagen machen hat Suris Muskulatur sich komplett verändert. Alle oberflächlichen Muskelgruppen sind locker und entspannt. Sie kann viel besser laufen, vor allem das Rückwärts-Gehen gefällt ihr so sehr, dass sie es auch frei mit den anderen Pferden anwendet. Es sieht schon lustig aus, wenn sie rückwärts weicht wenn die anderen im Weg stehen!

Das große Sarkoid am Bauch hat sich deutlich zurückgebildet. Obwohl ich lediglich Heilerde darauf verteile und sonst (außer der Futterumstellung) keine Maßnahmen ergriffen habe scheint sich hier einiges zu verbessern. Auch die anderen beiden Stellen sind nicht mehr blutig, sondern geschlossen und trocken. Lediglich die trockenen flachen Hautveränderungen zeigen keine Besserung. Aber ich bin optimistisch.

Einzig die Karpalgelenke machen mir Sorgen. Sie sind weiterhin dick und voller Flüssigkeit. Ich überlege mit Retterspitz- Umschlägen anzufangen. Aber sie mag die Bandagen um die Beine nicht, fängt dann an zu laufen und will sie loswerden. Bisher konnte ich ihr ja alles gut erklären, also werde ich hier wohl auch anfangen.

Beziehung

Unsere Beziehung wird immer intensiver. Suri war ja schon immer aufmerksam und freundlich. Sie kommt auf der Wiese nach Zuruf zu mir, egal wie weit sie weg ist. Sie freut sich, wenn ich abends komme und mich mit ihr beschäftige. Sie liebt es geputzt zu werden, wenn ich ihren Kopf bürste streckt sie ihn genüsslich vor. Und sie folgt mir auf kleinste Einladung. Gestern stand sie an der Heuraufe und hat gefressen, als ich mit ihr auf den Platz gehen wollte. Sie hat erst nur geschaut, als ich sie eingeladen habe mitzukommen. Ihre Körpersprache sagte deutlich: „Nein danke, ich fresse jetzt lieber.“ Ich habe sie nochmal angesprochen und wieder eingeladen. Sie schaute mich an, und scheinbar konnte ich sie überzeugen, dass es doch spannend werden würde. Denn sie drehte sich um und kam entspannt mit mir mit. Ein wunderbares Gefühl!

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