Was soll ich jetzt machen? – Fühlen, nicht fragen

Die Frage, die ich in Trainingsstunden am häufigsten höre, ist folgende: „Jetzt macht er nicht das, was ich wollte. Was soll ich denn jetzt machen?“

Viel zu oft haben wir die Vorstellung, dass es eine Universallösung gibt. Vielleicht muss ich mich  nur drehen, mich lehnen, rückwärts oder vorwärts gehen? Oder sogar Schnalzen, Schnipsen oder Pfeifen? So einfach ist es leider nicht. Denn ein Pferd ist kein Roboter. Generell lernt es zwar schnell und erkennt, was wir von ihm wollen. Trotzdem entscheidet es sich manchmal, unserer Aufforderung nicht zu folgen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen.

Suri trabt einfach weiter und folgt meiner Einladung nicht.

Selbstsicherheit ist die Basis einer guten Führung

In einer solchen Situation muss ich mir selbst vertrauen. Ich weiß, dass mein Pferd sich gegen meine Aufforderung entschieden hat. Trotzdem habe ich noch lange nichts falsch gemacht, genauso wenig wie mein Pferd. Wenn ich jetzt an mir zweifle, an meinen Bewegungen oder meiner gesamten Körpersprache, erkennt mein Pferd sofort, dass ich mir meiner Sache nicht sicher bin. Und dann folgt es meinen Aufforderungen ganz sicher nicht. Denn wer zweifelt, kann keine Entscheidungen treffen. Für ein Pferd gilt aber immer, dass derjenige, der die Führung übernimmt, als „Entscheider“ wahrgenommen und angenommen wird. Wenn das Pferd glaubt, eine Situation sei unsicher und könnte sein Leben riskieren, muss der Führende stark auftreten und zeigen, dass die Situation nicht gefährlich ist. Das klappt nicht, wenn der Führende zweifelt – denn dann übernimmt das Pferd die Führung.

Es gibt keinen Universalweg

Wenn mir dann in einem Training die Frage nach der Lösung des Problems gestellt wird, gebe ich gern Hilfestellung. Eine Drehung oder ein Schritt in die richtige Richtung können das Pferd schnell davon überzeugen, doch noch die Aufgabe zu erfüllen. Aber was, wenn ich nicht daneben stehe?

Aus diesem Grund gebe ich erfahrenen Schülern in manchen Situationen keine Lösung vor. Es ist wichtig, selbst zu erfahren, welche Bewegung eine entsprechende Reaktion des Pferdes auslöst. Auch gibt es kein Richtig oder Falsch.

Erkennen, voraussehen, fühlen

Je nachdem, zu welcher Aktion ich mich entscheide, bekomme ich eine Reaktion meines Pferdes.  Wenn ich mein Pferd gut kenne, kann ich seine Reaktionen voraussehen. Ein Beispiel: Ich möchte in der Freiarbeit einen Richtungswechsel. Mein Pferd wendet zwar seinen Kopf zu mir, kommt aber nicht weit genug herein und schweift dann in die gleiche Richtung ab. Das kann ich bereits dann erkennen, wenn ich meine Anforderung mit meiner Körpersprache ausspreche (ich gehe rückwärts und drehe meine Ausrichtung zur „geschlossenen“ Seite). Mein Pferd driftet also bereits vom ersten Schritt an in den geschlossenen Raum. Diese Situation ist schlecht zu korrigieren, also muss ich mir etwas einfallen lassen. Ich kann nun entweder mehr Tempo verlangen, den Raum vergrößern um meinem Pferd mehr Platz zu lassen oder aber die Übung verändern. Alle Lösungen führen nicht unbedingt zum Handwechsel, geben mir aber die Möglichkeit, mein Pferd von meiner Führungsstärke zu überzeugen: Ich bewege seine Füße, nicht umgekehrt.

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Es gilt immer: Wer bewegt, führt. 

Nicht fragen: Machen!

Es gibt keine Universallösung, es gibt kein Richtig oder Falsch. Wer nach NHS arbeitet, entwickelt sich täglich weiter. Wir müssen uns trauen, einfach mal etwas auszuprobieren. Warum erlauben wir uns nicht, einfach mal zu machen, ohne zu überlegen? Stellt beim Training mal eure Zweifel, eure Wünsche und eure Überlegungen aus. Eure Pferde haben diese Gedanken auch nicht. Lasst euch treiben, spielt mit Tempo und Richtung, lest eure Pferde! Es gibt nicht Schöneres, als über eine negative Antwort eures Pferdes lachen zu können.

1 Kommentar zu Was soll ich jetzt machen? – Fühlen, nicht fragen

  1. Am Ende läuft es doch oft auf das „Wer bewegt wen“ hinaus. Es ist doch immer wieder interessant. Mein Pferd hat auch solche Momente bei der Freiarbeit, dann wird sie trotzig und beschließt zu testen, ob ich nicht doch herumgeschubst werden könnte. Genau wie in der Herde, sie ist eine die immer wieder an der Rangordnung kratzt. Wenn ich dann rechtzeitig und freundlich-bestimmt sage: Nein nein, wir wechseln nicht die Richtung – ist sie ganz überrascht, dass ich ihren Versuch bemerkt habe, dreht, schnaubt und entspannt. Das ist immer wieder spannend 🙂 Ein schöner Artikel!! Danke dir und liebe Grüße, Petra

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