Gandalf – ein irischer Tinker lernt laufen
Gandalf kam im Januar 2013 zu seiner Besitzerin. Nach einem unbeschwerten, freien Leben in der irischen Landschaft kam er als 4jähriger nach Holland. Dort konnte er leider nicht bleiben, weil sein Besitzer erkrankte. So kam er in die Nähe von Köln.
Gandalf kannte den Menschen kaum. Soweit wir wissen wuchs er frei in der Herde auf, ohne jeglichen Einfluss. Aus diesem Grund war der Mensch für ihn auch kein bisschen interessant. In den ersten Übungsstunden trottete der schwarz-weiße Kerl lustlos hinter seiner Besitzerin her und benötigte viel Druck, um eine Aufgabe zu bewältigen. Sein Gemüt ist sehr ruhig, fast schon stoisch. Wie überzeuge ich ein solch gemütlichen Zeitgenossen davon, dass sich die Zusammenarbeit mit uns lohnt? Wir griffen auf Leckereien zurück.
Schnell hatte Gandalf gelernt, dass sich in den Taschen seiner Besitzerin Obst oder Leckerlies befanden. Und noch schneller verstand er, dass sich betteln hier nicht lohnt. Das Weichen lernte er in Sekunden, und das „Jojo“ (Weichen und auf Einladung wieder zum Menschen kommen) wurde zu seiner Lieblingsübung. Er bot sie schnell auch freiwillig an, ohne dass sie verlangt wurde. Als es dafür kein Leckerchen gab, stellte der schlaue Wallach diesen Übereifer wieder ein.
Nach 6 Monaten mit den Boden-Übungen rückwärts-, seitwärts-, Vorhand- und Hinterhand-Weichen, Longieren am kurzen Seil, Handwechsel und Tempiwechsel war Gandalf soweit: seine Besitzerin stieg das erste Mal auf seinen Rücken. Wir übten intensiv und bereiteten ihn in Form von über den Rücken lehnen, auflehnen und Aufstiegs-Simulation auf diesen Tag vor. Gandalf blieb gelassen. Lediglich das erste Laufen mit einem Longiergurt gefiel ihm nicht, und er reagierte auf den ungewohnten Druck mit einem leichten Hopser. Danach kehrte wieder Ruhe in den sanften Wallach. Er hatte in den letzten Monaten gelernt, dass von uns nichts Schlimmes zu erwarten war. Also legten wir den Sattel auf. Der Gurt wurde leicht angezogen, und seine Besitzerin stellte sich auf die Aufstiegshilfe. Gandalf „parkte“ wie vorher geübt vor ihr. Er stand sehr ruhig, erwartete bereits das zu verdienende Leckerli. Seine Besitzerin ließ sich mit heftigem Herzklopfen auf seinen Rücken gleiten. Und Gandalf reagierte – er presste die Beine in den Boden und konzentrierte sich auf sein Gleichgewicht. Dann nahm er eine Möhre und kaute genüsslich darauf herum. Ein wunderbarer erste Tag mit Reitergewicht!
In den kommenden Stunden stieg Gandalfs Besitzerin immer wieder auf. Mit der Zeit konnte das sanfte Zotteltier sich gut ausbalancieren, und läuft jetzt mit Reitergewicht bereits einige Runden im Schritt. In den nächsten Wochen kommen die weiteren Gangarten. Außerdem wird das Anhalten über Reitergewicht geübt, damit er sicher gestoppt werden kann. Gandalf trägt noch kein Kopfstück, es wird lediglich mit Knotenhalfter und Seil geübt.
Die ersten Schritte in seinem neuen Leben als Reitpferd sind gemacht. Er ist ein toller, freundlicher Partner, der sich jetzt auf den Menschen einlässt und für ein wenig Lob und Leckereien gern mitarbeitet. Ich bin gespannt wie schnell er sich entwickeln wird, da er sich in den letzten Monaten immer schneller in neue Aufgaben eindenkt und auf kurzem Weg die richtige Lösung findet. Bis zum Ende des Jahres rechne ich damit, dass er in allen drei Gangarten unter dem Reiter läuft und frei geritten werden kann. Ein spannendes Jahr für den jungen Wallach!
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