Woran erkenne ich gutes Horsemanship? Trainersuche und soziale Medien
In den sozialen Netzwerken kursiert derzeit ein altes Video, das einen Horsemanship-Kurs in Frankreich zeigt. Die Kursleiterin (deren Name mir bekannt ist) will an einem Pferd von einem der Teilnehmer zeigen, wie die Körpersprache beim Rückwärts aussehen soll. Das Pferd versteht jedoch das Kommando nicht und läuft vorwärts, worauf die Kursleiterin mit massivem Seileinsatz, Zerren und Schlägen reagiert. Zu guter Letzt tritt sie dem Pferd in die Seite. (Ich stelle keinen Link des Videos ein. Ich möchte nicht beteiligt sein an der Verbreitung des Bildmaterials, sondern will positive Bilder in den Köpfen meiner Leser schaffen!)
Die Reaktionen aus dem Netz
Eine große Pferde-Zeitschrift hat das Video als schlechtes Beispiel auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Es wird jetzt auch in den sozialen Netzwerken wiederholt geteilt. Meist mit den Kommentaren „So nicht“ oder „Der sollte man das Handwerk legen“. Die Kommentare unter dem Video reichen von schockiert bis hin zu Rufmord.
Der Sinn der Veröffentlichung
Die Zeitschrift hat natürlich ihre Gründe, das Video aus der Versenkung zu kramen. Das Material ist bereits im Januar 2013 veröffentlicht worden. Das Magazin nutzt dieses schlechte Beispiel für ihre Zwecke, denn ein solcher Aufreger steigert die Clickrate auf der Homepage und erhöht die Präsenz der Zeitschrift in den Köpfen der Pferdefreunde. Die Erhöhung von Verkaufszahlen könnte ein Zweck sein*, natürlich geht es auch darum den Menschen zu zeigen dass gute Pferdeausbildung nicht mit Gewalt einhergeht. Nur stellt sich mir die Frage, ob das nicht eher mit guten Beispielen zu schaffen ist, als dass man negatives Bildmaterial verbreitet? So am Rande…
Trainersuche
Keiner der Zuschauer oder Pferdebesitzer greift ein, als die Kursleiterin das Pferd misshandelt. Warum? Weil sie einen Anfängerkurs gebucht haben. Die Teilnehmer kennen sich noch nicht mit Natural Horsemanship aus und wollen lernen. Dass die Kursleiterin hier kein gutes Training, sondern ihre eigene Unfähigkeit zeigt, können sie nicht erkennen. Wir sehen im Sport den Einsatz von Gerten und Sporen, sehen gequälte Pferdegesichter und grob agierende Menschen. Ich kann den Kursteilnehmern keinen Vorwurf machen: sie sind unwissend. Schade, dass diese groben Aktionen für viele „normal“ sind.
Wenn ich einen Kurs eines mir nicht bekannten Trainers besuchen will, sollte ich mich vorher im Internet über die Person erkundigen. Gibt es vielleicht Youtube-Videos? Gibt es Zeitschriftenartikel, Interviews? Was schreibt der Trainer auf seiner Homepage? Kennen meine Freunde oder Bekannten aus der Pferdeszene den Trainer? Und zu guter Letzt: hat die Crowd, die Menschenmasse im Internet, eine Meinung? Oft kann ich mit dieser Recherche schon herausfinden, ob ich mein Geld gut investiere oder einem Blender aufsitze.
Natürlich ist die Crowd in den sozialen Medien nicht allwissend. Aber wenn ich die Emotionen herauslese und eliminiere, kann ich bereits ein Gefühl für die allgemeine Meinung über den Trainer erkennen. Natürlich gibt es überall Menschen, die aus privaten Gründen mit einer Person nicht umgehen kann und diese dann schlecht macht. Aber wenn sich die Stimmen beim Für und Wider die Waage halten, kann ich einen Versuch wagen und mir ein eigenes Bild machen.
Wenn ich keinerlei Informationen zu dem Trainer finde, ist das noch lange nicht negativ. Vielleicht ist er neu auf dem Markt? Wenn der Kurs nicht allzu teuer ist kann ich auch blind einen Versuch wagen. Wenn ich mich ein wenig mit dem Thema auseinander gesetzt habe und meine Grundsätze befolge (z.B. an mein Pferd kommen keine Sporen), sollte mich kein Kurs der Welt davon überzeugen dass ich meine Grundsätze über Bord werfen muss. Das fehlt mir bei den Kursteilnehmern im Video: bestimmt möchte hier niemand sein Pferd misshandeln. Aber sie folgen blind der Trainerin. Sehr schade.
Gutes Horsemanship
Gutes Horsemanship verzichtet auf Gewalt. Sowohl körperlich, als auch psychisch. Ich muss kein Pferd mit dem Seil verprügeln, um ihm eine Aufgabe zu erklären. Ich muss nicht mit dem Stick auf ein Trainingspferd einschlagen. Ich muss es nicht durch den Roundpen scheuchen, bis es vor Erschöpfung fast umfällt.
Gutes Horsemanship erkennt man daran, dass es völlig unspektakulär aussieht. Die Pferde bekommen Pausen, in denen sie nachdenken dürfen. Gute Trainer achten auf kleinste Gesten des Pferdes, wie tiefe Atmung, Lecken und Kauen, Gewichtsverlagerung. Gute Trainer loben, und zwar immer wenn das Pferd in die richtige Richtung denkt! Ein Lob kann ein Wort oder ein Streicheln sein, auch eine Pause ist ein Lob!
Lesetipp: Nadja erklärt die Basis von gutem Horsemanship
In eigener Sache
Ich wünsche mir etwas von euch: teilt keine schlechten Beispiele in den sozialen Netzwerken. Es hat keinen Mehrwert. Teilt gute Bilder und Videos. Zeigt Informationen von Menschen, die euren Grundsätzen entsprechen. Empfehlt Trainer, die ohne Gewalt arbeiten, auch ohne psychische Gewalt. Die Pferde haben es verdient.
*Ich wurde von dem Pferdemagazin gebeten, den Text anzupassen. Der Bitte bin ich gern nachgekommen. Die Zeitschrift steht laut eigener Aussage mit ihren Inhalten für das Wohl der Pferde. Monetäre Zwecke standen beim Verteilen des Videos nicht im Vordergrund.
Ihr kennt das Video nicht? Werft eure Suchmaschine an:
Wie gutes Horsemanship nicht aussehen sollte.
Hi Akki,
ich schon wieder. 🙂 Sitze krank zu Hause und konnte die Viralität des besagten Videos sozusagen live verfolgen.
Großes Lob an Dich, dass Du so schnell darauf reagiert hast! Ich hoffe, dass sich viele Deine Meinung zu Herzen nehmen. Manchmal scheint es so, dass es den Menschein einfacher fällt, sich über negative Dinge aufzuregen, als sich über positive Erlebnisse zu freuen.
Liebe Grüße, Saskia
Liebe Saskia,
vielen Dank für dein Lob :). Ich freu mich!