Mein Fehler des Jahres – die Reaktion meines Pferdes

Geht's jetzt los?

Ich schäme mich. Weil ich trotzt meiner Überzeugung im Pferdetraining etwas getan habe, was ich nicht hätte tun sollen. Und jetzt werde ich bestraft. Von meinem eigenen Pferd, jeden Tag, immer wenn ich zur Weide komme. Sie ist nicht gnädig, sondern sehr konsequent. Was ich getan habe? Erzähle ich euch gern, damit ihr den Fehler nicht auch macht.

Aus den vorangegangenen Artikeln wisst ihr, dass meine Suri ein sehr selbstbewusstes und freundliches Pferd ist. Sie ist eine konsequente Herdenchefin, niemals ungerecht oder heftig, immer die Situation abwägend und entspannt. Dieses gerechte Verhalten legt sie auch bei mir an den Tag. Ich trainiere nicht dieses Pferd – sie erzieht mich (ob meine Eltern da was falsch gemacht haben? 😉 ).

Auch wenn ich mich lieber verstecken würde als es hier zu veröffentlichen, fasse ich meinen (aus Sicht meines Pferdes) unverzeihlichen Fehltritt jetzt in Worte. Die Situation: Ich wollte Suri von der Wiese holen (schlimm genug, ich habe ihre Ruhe gestört). Anstatt – wie sonst – zu warten, dass sie zu mir kommt, bin ich bis auf wenige Meter zu ihr hin und habe ihr (VERZEIHT MIR!!!)

ein Leckerchen hingehalten.

Das Desaster nahm seinen Lauf. Suri hat mich schräg angeschaut, das Leckerlie aus meiner Hand genommen, sich umgedreht und ist gegangen. Ihr Blick sprach Bände:

„Du willst mich locken? Anstatt deine Präsenz und Körpersprache einzusetzen und mich zu dir zu ziehen, lockst du mich mit einem so lächerlichen Häppchen? Das ist Erpressung, unter meiner Würde, da mach ich nicht mit. Entweder du redest vernünftig mit mir, oder du stehst alleine blöd auf der Weide rum. Das hast du jetzt davon.“ (Wenn sie könnte hätte sie mir die Zunge rausgestreckt 😛 )

Ja, das hab ich jetzt davon. Seit dieser Aktion kommt meine Stute nicht mehr zum Tor, sobald ich zur Weide komme. Sie steht gemächlich mitten auf der Wiese und schaut mich wissend an. Übermächtig. Erhaben. Intelligent.

Am Wochenende habe ich dann wieder vernünftig agiert (aus ihrer Sicht: die einzig wahre Art mit ihr in Kontakt zu treten 🙂 ).

Habe sie mit meiner Körpersprache zu mir holen wollen. Keine Reaktion, ein abwertender Blick. Sie hat noch nicht vergessen, was ich getan hatte. Also habe ich auf 5m Abstand ihre Hinterhand bewegt. Oh, da bekam ich immerhin ihre Aufmerksamkeit! Wacher Blick, aufgestellte Ohren, interessierte Haltung. Nachdem die Hinterhand sich von mir bewegen ließ, habe ich auch die Schulter angesprochen. Auch das wurde von meiner Suri mit Interesse und einem leichten Grinsen kommentiert. Nach wenigen Minuten und ein wenig „Freiarbeit“ stand mein Stütchen wieder entspannt neben mir uns ließ sich halftern. Ich hatte ihre Stimme im Kopf:

„Siehst du meine Liebe, es geht doch. Lass diesen Bestechungsmist und sprich mich wie ein erwachsenes Pferd an. Zeuge mir Respekt. Dann bekommst du auch Respekt von mir zurück.“

Sie ist eine wunderbare Trainerin.

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(Liebe Freunde: dieser Artikel ist nicht ganz ernst gemeint. Gestern war hier in Köln der 11.11. – das färbt heute noch ab. Trotzdem wünsche ich einen guten Lesegenuss!)

Warum das Leckerchen für uns so ein Drama ist? Lest hier bei der Pferdeflüsterei: Bernd Hackl im Interview und seine Einstellung zu Futter aus der Hand. Kann ich nur bestätigen. http://www.pferdefluesterei.de/bernd-hackl-ueber-pferdefluesterei-der-pferdeprofi-und-sein-pferd-im-interview/

6 Kommentare zu Mein Fehler des Jahres – die Reaktion meines Pferdes

  1. Nach der Einleitung dachte ich „ob sie wohl ihr Pferd geschlagen oder gemein bestraft hat? In die Ecke gestellt oder mit den Zügeln sanktioniert?“ Und dann kam die Geschichte eines Leckerlis. Ich kann die Tragweite nicht ganz nachvollziehen, finde deine Interpretation aber sehr interessant. Wenn Suri zu dir gekommen wäre, und du ihr dann ein Leckerli gegeben hättest, wäre das doch auch eine Form der Bestechung oder? VG! Nadja

    • Hi Nadja,
      die Überschrift ist schon etwas übertrieben, aber was tut der gute Journalist nicht für eine große Leserschaft ;)? Natürlich ist hier ganz viel Übertreibung eingeflossen, doch ich denke dass ich den Kern ganz gut getroffen habe. Meine Stute ist tatsächlich kein Leckerli-Fan. Auch wenn sie zu mir kommt lässt sie sich lieber mit Kraulen oder Berührung belohnen als mit etwas Essbarem. Sie nimmt es zwar, sieht das aber nicht als höchstes Lob. Das merke ich daran, dass sie nach einem Leckerli nicht so konzentriert bei mir ist als nach körperlicher Belohnung. Für mich eine besondere Herausforderung: „Keks rein“ ist immer einfach, aber mit der gesamten Konzentration beim Pferd zu sein erfordert viel Selbstdisziplin. Suri erzieht mich da in eine sehr tolle Richtung!

  2. Ein kluges Pferd hast Du da 🙂 Ich bin beeindruckt davon, wie Du mit Deinem „Fehler“ umgegangen bist. Ich glaube, dass ich den Fehler des „auf das Pferd zugehens“ auch immer wieder mache. Funktioniert das normalerweise immer so gut bei Euch? Das ist toll! Das eine Leckerchen hat sie Dir mit Deiner Kompetenten Ausbügelei sicher schon wieder verziehen 🙂 Liebe Grüße, Petra

    • Du hast recht Petra, sie ist etwas ganz Besonderes. Sie kommt natürlich nicht immer: es gibt Situationen, da ist die Witterung eines Wildtieres wichtiger als meine Anfrage, denn sie muss ihre Herde beschützen. Dann dauert es schon ein paar Minuten, bis sie sich auf mich einlässt. Aber wenn ich die Geduld und das Verständnis für ihre Situation mitbringe sind wir oft schnell am Ziel. Ich hab die Leckerlis jetzt aus meinen Taschen verbannt… die gibt’s nur noch in „unkritischen“ Situationen 😉

  3. Ach Akki… Das hast du genau falsch gemacht 😀 da musst du Durchsetzungsvermögen zeigen und konsequent jeden Tag mit dem Keks erscheinen, bis Frau Pferd kapiert, dass sie keine Chance hat 😀

    Liebe Grüße von der Ponybande, Tanja

    *still und heimlich eine Kekspackung hinstell*

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