Meine traurige Erfahrung mit PSSM
Ihr kennt meine Stute Missouri. Als ich den Blog und die Facebook-Seite startete, war sie mein Hauptthema. Heute lest ihr kaum noch von ihr. Was ist passiert?
Suris (Kranken-)Geschichte
Ich habe Suri 2013 geschenkt bekommen (den Beginn unserer gemeinsamen Geschichte findet ihr hier und auf der Home-Seite unter „Missouris Story“). Aufgrund ihrer Erkrankung an Equinen Sarkoiden, das sind z. T. blutige Hauttumore, ist sie in meinen Besitz gewechselt. Sie konnte die Hufe kaum geben, war nicht richtig ausgebildet und furchtbar steif, so dass ich viel Energie und Geld in ihre Genesung und Training investierte. Tierarzt, getreidefreie Fütterung, Homöopathie, TCM, spezielle Hufpflege… ich habe alles ausprobiert. Mit Erfolg! Suri ist sarkoidfrei und hat mich bei der Trainerausbildung bei Thomas Günther begleitet.
Anders als gesunde Pferde
Hier bemerkte ich zum ersten Mal, dass sie nicht fit ist. Im Schritt ist sie fleissig und arbeitswillig, im Trab wird sie unwillig und zeigt ihren Missmut durch Schweifschlagen. Galopp in der Bahn ist unmöglich. Sie kann ihre Balance nicht halten, fällt nach innen und wird steif wie ein Brett. Im Gelände fällt das nicht so auf – da geht es schließlich geradeaus vorwärts.
Ich habe mit meiner Osteopathin Melanie nach der Ursache gesucht. Melli war ständig da, hat gelockert und gymnastiziert, ich hatte einen Berg Hausaufgaben von ihr. Immer zum Herbst oder im Winter. Jedes Jahr das gleiche Spiel.
Die Diagnose
Dann kam endlich eine Tierärztin, die mich auf die Gendefekte HYPP und PSSM aufmerksam machte. Ich liess Suri testen. PSSM-positiv. HYPP-negativ. Ich passte ihr Futter an, ab jetzt gibt es nur noch Futter auf Fettbasis.
Letzten Winter wurde es besonders schlimm. Suri begann in der Halle zu bocken, sobald sie antraben sollte. Sie hat bereits beim Aufsteigen nach dem Reiter geschnappt und getreten, genau wie zu der Zeit, nachdem ich sie bekommen hatte. Völliger Rückfall. Nur dass ich jetzt weiss, warum sie so ist.
Was bedeutet PSSM für Pferd und Mensch?
Der Gendefekt, die polysaccharide Speichermyopathie, wird dominant vererbt. In Suris Fall war nur der Hengst Träger des defekten Gens. Ihr Vater ist Dreamcatcher, unter Züchtern ist sein PSSM bekannt. Die Mutterstute war defektfrei, so dass bei Suri „nur“ ein Allel betroffen ist. Die meisten PSSM-Trägerpferde fallen optisch auf, denn sie haben eine besonders ausgeprägte Muskulatur.
Ist doch nicht so schlimm, dachte ich zu Beginn. Aber da sollte ich mich irren.
PSSM ist eine grausame Sache. Die betroffenen Pferde können Glukose nicht richtig verstoffwechseln, so dass diese in der Muskulatur gespeichert wird. Als Folge werden die Bewegungen des Pferdes steif, bis die Muskulatur durch Bewegung die überflüssigen Stoffe abgebaut hat. Diese Steifheit kann so schlimm werden, dass das Pferd sich in der Box festlegt oder sich vor Schmerzen kaum rühren kann.
Im Sommer kommt Suri gut damit klar. Sie ist tagsüber auf der Weide, geht zum Ausreiten ins Gelände und nachts zum Ruhen in die Box. Doch sobald es kalt wird bekommt Suri Probleme. Das Eindecken muss schrittweise erfolgen, damit sie nicht überhitzt, die Muskulatur aber auch nicht zu kalt wird. Sie steht in der Herde draussen, weil sie sich so viel wie möglich frei bewegen muss. Nachts braucht sie die Ruhe in der Box. Sie neigt zu Koliken, obwohl Spezialfutter und viel Heu dies vermeiden sollen. Die Reitbelastung muss an ihre Tagesform angepasst werden. Ständig achten wir auf Bauch- oder Rückenschmerzen. Es nervt sie genauso sehr wie uns. Wer möchte schon ständig auf mögliche Symptome überprüft werden? Wir Menschen nicht, und Pferde auch nicht.
Warum tun wir das unseren Pferden an?
Seit der Diagnose frage ich mich, warum Züchter – egal ob Hobby oder als Beruf – nicht an der Verbreitung von Gendefekten gehindert werden. Warum werden Trägerstuten und -hengste nicht von der Zucht ausgeschlossen? Jedes Trägertier kann der Auslöser für ein leidvolles Dasein des Nachkommens sein. Warum???
Ich werde nun unsere beiden Hengstjährlinge testen lassen. Als Vorsichtsmaßnahme.
Weitere Berichte über Gendefekte
Jeanette vom Blog „A life with horses“ hat von ihrer traurigen Erfahrung mit WFFS geschrieben (zum Artikel geht es hier), ein Gendefekt bei Warmblütern, bei denen die Haut nicht mit dem Rest des Pferdekörpers verbunden ist. Ich kenne allein 2 weitere Besitzer mit PSSM-Pferden, von denen eins der Pferde im Alter von 5 Jahren eingeschläfert werden musste. Ich kann nur an alle Züchter appellieren: Lasst eure Pferde testen. Züchtet nicht mit Pferden, die mit einem dominanten Gendefekt wie PSSM oder HYPP belastet sind. Bei rezessiven Gendefekten wie WFFS verpaart die Tiere so, dass gesichert nur ein Elterntier Träger ist. Nur so können wir weiteres Leid verhindern. Gendefekte sind schmerzhaft: Für das betroffene Pferd und den Besitzer.
Was Suri heute macht
Suri steht an dem für sie aktuell perfekten Stall. Sie wird morgens auf die Weide bzw das Paddock gebracht und abends reingeholt. Sie hat einen regelmässigen Alltag. Ihr Futter ist auf ihren Stoffwechsel angepasst. Ich habe 3 Reitbeteiligungen, damit sie täglich leicht bewegt wird. Ich reite sie kaum noch. Suri ist ein tolles Ausreit-Freizeitpferd, das viel Aufmerksamkeit braucht. Ich bin Trainerin und wünsche mir ein Vorankommen mit jedem Pferd. Das kann Suri mir nicht geben, egal wie sehr sie es versucht. Wir demotivieren uns gegenseitig. Daher trainiere ich sie nicht mehr.
Erst diese Woche war ich mit ihr seit langem mal wieder im Gelände. Sie ist motiviert und fröhlich unter dem Sattel, leichtrittig und ein Traum im Galopp auf dem Feldweg. Manchmal vergesse ich, dass wir nicht zusammen passen und genieße einfach die gemeinsame Zeit. So lange es noch geht.
P.S. (Achtung, Werbung 😉 ): Alle Bilder stammen aus dem Fotoshooting mit Malous Fotografie. Sie ist eine wunderbare Fotografin und absolut zu empfehlen!
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