Was ist der Unterschied zwischen Natural Horsemanship und klassischer Pferdeausbildung

Heute gibt es viele verschiedene Wege, das eigene Pferd auszubilden oder ausbilden zu lassen. Doch wo liegen eigentlich die Unterschiede? Warum arbeite ich nach Natural Horsemanship, obwohl ich früher selbst klassisch auf Jugendturnieren im Parcour unterwegs war?

Der Unterschied zwischen Natural Horsemanship und klassischer Pferdeausbildung

Natural Horsemanship und traditionelle Pferdeausbildung sind zwei unterschiedliche Ansätze zur Ausbildung von Pferden. Die traditionelle Pferdeausbildung basiert auf jahrhundertealten Techniken, die oft sehr mechanisch und autoritär sind. Natural Horsemanship hingegen ist ein relativ neues Konzept, das in den letzten Jahrzehnten entstanden ist und auf einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen Mensch und Pferd basiert.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Natural Horsemanship und traditioneller Pferdeausbildung ist die Art und Weise, wie das Pferd behandelt wird. In der traditionellen Ausbildung wird das Pferd oft als ein Werkzeug betrachtet, das trainiert und kontrolliert werden muss. Oft werden dabei auch harte Trainingsmethoden wie Schmerzreize oder Druck angewendet. Im Gegensatz dazu steht beim Natural Horsemanship die Beziehung zwischen Mensch und Pferd im Vordergrund. Das Pferd wird als Partner betrachtet, mit dem man eine gemeinsame Sprache und Vertrauensbasis aufbauen möchte. Dadurch wird eine harmonische Zusammenarbeit ermöglicht, die auf Verständnis und Kommunikation statt auf Druck und Kontrolle basiert.

Partnerschaft statt Dominanz

Ein weiterer Unterschied ist die Art und Weise, wie die Ausbildung durchgeführt wird. In der traditionellen Pferdeausbildung gibt es oft eine klare Hierarchie zwischen Mensch und Pferd, wobei der Mensch immer der dominantere Part ist. Das Training erfolgt oft durch das Anwenden von Befehlen und Korrekturen, um das Pferd auszubilden und zu formen. Im Natural Horsemanship wird hingegen viel Wert darauf gelegt, das Pferd auf natürliche Weise zu trainieren, indem man seine natürlichen Instinkte und Verhaltensweisen berücksichtigt. Hierbei wird häufig mit positiver und negativer Verstärkung gearbeitet und es wird versucht, das Pferd dazu zu bringen, selbst zu denken und Entscheidungen zu treffen. Positive Verstärkung wird im NHS meist mit Stimmlob und Streicheln ausgedrückt. Es wird immer dann gelobt, wenn das Pferd in die vom Trainer gewünschte Richtung denkt oder agiert. Negative Verstärkung wird häufig in Form von Druck über einen Stick, Seil oder eine Gerte praktiziert. Hier wird Druck in einen Raum des Pferdes aufgebaut, dabei wird der Pferdekörper aber zu Beginn nicht berührt. Sobald das Pferd einen Lösungsansatz findet, wird der Druck weggenommen und das Pferd so bestärkt, dass sein Handeln korrekt und erwünscht war. Negative Verstärkung ist niemals Schlagen oder Strafen!

Hilfsmittel

Ein weiterer Unterschied ist die Art der Ausrüstung, die beim Training verwendet wird. In der traditionellen Pferdeausbildung werden oft harte Gebisse, Sporen und andere Hilfsmittel eingesetzt, um das Pferd zu kontrollieren. Im Natural Horsemanship hingegen wird oft mit sogenanntem Natural Equipment gearbeitet, das auf die natürlichen Bedürfnisse des Pferdes abgestimmt ist. Hierbei wird auf eine möglichst schonende und pferdefreundliche Ausrüstung geachtet, die dem Pferd mehr Freiheit und Bewegung ermöglicht. Meist kommen Knotenhalfter und Seil sowie ein Stick zum Einsatz. Dabei ist auch das Equipment in Natural Horsemanship keinesfalls „sanft“. Jedes Material ist immer so scharf wie die Hand, die es führt. Auch Seile können sehr schmerzhaft sein, wenn sie falsch angewandt werden.

Lernen als Lebensaufgabe

Trainer und Schüler, die nach den Lehren des Natural Horsemanship mit ihren Pferden trainieren, sehen sich selbst als lebenslang Lernende. Wir sind nie „fertig“ und können jeden Tag von unseren Pferden lernen, besser, verständnisvoller und sanfter zu sein. Natural Horsemanship ist keine Methode, sondern eine Lebenseinstellung gegenüber dem Pferd und allem, was lebt: Es geht um das Miteinander, nicht um das Dominieren oder Herrschen. Diese Einstellung macht NHS zu einer großen Aufgabe. Der Mensch ist in der ständigen Entwicklung und Verbesserung seiner selbst. Ab und zu kann das zu anstrengend, zu groß werden. Manchmal möchte ich einfach Pause haben und eine schöne Zeit mit dem Pferd verbringen, ohne mich ständig zu hinterfragen. Doch das gehört einfach dazu: Ich trainiere mich selbst, auch Spaß wieder zuzulassen und mal nicht nachzudenken :).

Ich bin jeden Tag begeistert, mich auf das Abenteuer Natural Horsemanship eingelassen zu haben. Der Fokus auf eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Mensch und Pferd ist genau das, wie ich mit meinen Pferden umgehen möchte. Dabei verzichte ich auf schnelle Erfolge und große Events, sondern gehe mit meinen Pferden in dem Tempo, das sie mir vorgeben. Das kann frustrierend und ermüdend für den Moment sein, doch lässt es mich jeden Abend ruhig schlafen, da ich nichts übers Knie breche. Durch das Berücksichtigen der natürlichen Bedürfnisse des Pferdes ermögliche ich eine harmonische Zusammenarbeit mit meinen Pferden, die auf Vertrauen und Kommunikation statt auf Druck und Kontrolle basiert.

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